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Multitalent aus Glasfaser: FR4-Platten

«Hier werden schwer entflammbare GFK-Platten eingesetzt»

Sogenannte FR4-Platten bestehen aus Glasfasergewebe und einer Matrix aus Epoxidharz. Doch was macht die GFK-Halbzeuge so besonders? Und für welche Bereiche werden sie verwendet? Erfahren Sie mehr.

Was bedeutet FR4?

GFK-Platten werden industriell aus Geweben aus Glasfasern hergestellt, die im Vakuum-Pressverfahren mit Epoxidharz umhüllt werden. Das Vakuum-Pressverfahren sorgt für gleichbleibende Eigenschaften über beliebige Losgrößen hinweg. Vor allem das vollständige Durchtränken mit Epoxidharz und die gleichbleibende Dicke der Platte sind mit diesem Verfahren garantiert.

FR4-Platte 1,4 mm

FR4 bedeutet „Flame Retardant Klasse 4“ und bezeichnet eine Norm im Flammschutzbereich. Tatsächlich gelten Glasfaser-Kunststoffe mit dieser Klassifizierung als schwer entflammbar. Es genügt der Norm UL-94, wie sie vor allem beim Bau von elektronischen Baugruppen Anwendung findet.

Die wichtigsten Eigenschaften und Einsatzbereiche im Überblick

Zu den essentiellen Attributen, die FR4-Platten aufweisen, gehören die hohe Biegefestigkeit sowie die elektrische Durchschlagsfestigkeit. Die Glasfaserplatten sind außerdem kriechstromfest und weisen eine ausgeprägte thermische Stabilität auf. Vorteilhaft sind darüber hinaus die geringe Haftung bei heißen Kunststoffen, ballistisch vorteilhafte Eigenschaften bei entsprechenden Wandstärken sowie günstiges Dichteverhältnis. Diese Eigenschaften ermöglichen es, dass FR4-Platten aus glasfaserverstärktem Kunststoff bei allgemeinen Konstruktionen sowie bei elektrischen Baugruppen, dem Bau von Flammschutzgehäusen und 3D-Druck zur Anwendung kommen. Aber auch im Prototypenbau lassen sie sich idealerweise verwenden.

FR4-Platten können im 3D Druck eingesetzt werden
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Die GFK-Platten kommen darüber hinaus hervorragend mit Zerspanung zurecht und sind bei jedem Lastfall sehr belastbar. Was die Schlagfestigkeit anbelangt, sind sie Halbzeugen aus CFK weit überlegen. Da sie zusätzlich ein geringes Raumgewicht besitzen, sind die Bauteile im Defense-Bereich sehr beliebt. So werden sie beispielsweise sehr beim Bau von gepanzerten Fahrzeugen wie Geldtransportern oder im Personenschutz verwendet.

Robuste Elektronik mit FR4-Platten

Die Elektromechanik hatte zu Beginn ihrer Massenherstellung mit großen Problemen zu kämpfen. Die anfänglich verwendeten Materialien wie Holz oder Pappe waren nicht genügend widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit. Beide Werkstoffe saugten sich schnell voll, was leicht die ganze Baugruppe zum Ausfall brachte. Dabei mussten die Schaltungen noch nicht einmal unter Wasser liegen. Bereits eine hohe Luftfeuchtigkeit reichte aus, um die Kriechstromfestigkeit auf den Leiterplatten deutlich herab zu setzen.

Elektronik, auf einer FR4-Platte befestigt
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FR4 ist deshalb seit ca. 30 Jahren zum Standardmaterial in diesem Bereich geworden. Es ist in seiner Durchschlags- und Kriechstromfestigkeit unerreicht. In diesem Punkt sind diese Halbzeuge aus GFK so wirkungsvoll, dass sie auch vorperforiert angeboten werden. Mit diesen Lochmuster-Varianten ausgestatteten Tafeln können Auszubildende und Interessierte den Bau von elektronischen Baugruppen üben. Die Belastbarkeit der Schaltungen ist nur geringfügig unter denen der Vollplatten ohne Perforation. Ein weiterer Vorteil von FR4-Platten für die Elektromechanik ist ihre Säurebeständigkeit. Nur dadurch ist es möglich, Schaltungen im Foto-Säure-Verfahren in der gewünschten Präzision auf den Glasfaserplatten aufzubringen.

Zur Herstellung einer elektronischen Schaltung gehört zu diesen besonderen GFK-Platten immer auch eine werksseitig bereits aufgebrachte dünne Schicht aus Kupfer. Auf dieser wird mit dem Foto-Ätz-Verfahren die gewünschte Struktur der Leiterbahnen aufgebracht. Beim Belichten und sonstigen Verarbeitung zeigt sich das biegesteife Kernmaterial bereits von seiner vorteilhaften Seite. Besonders interessant sind FR4-Halbzeuge dann im Ätzbad: Es wird tatsächlich nur das nicht gewünschte Kupfer entfernt. FR4 selbst zeigt sich von der Säure gänzlich unbeeindruckt.

Präzises Modellieren im 3D-Druck

Das in vielen Bereichen bereits hoch bewährte schwerentflammbare GFK hat sich auch in einem ganz jungen Produktionszweig bewährt: Im 3D-Druck. Dieses bei Hobby und Industrie immer wichtiger werdende Verfahren erlebt seit knapp 5 Jahren einen enormen Boom. Hier ist vor allem die private 3D-Community, die mit unermüdlicher Experimentierfreude ständig für Innovationen und Verbesserungen sorgt. Ein Problem bei der Herstellung beliebig geformter Produkte aus Kunststoff-Filament war die Haftung auf der Grundplatte. Der 3D-Druck geschieht grundsätzlich „Heiß in Heiß“. Das bedeutet, dass der durch Wärme verflüssigte Kunststoff auf einer vorgeheizten Platte aufgetragen wird. Dies ist notwendig, damit der Kunststoff nicht zu schnell abkühlt und auch den nächsten Layer noch gut aufnehmen kann. Nur wenn die Layer auch vertikal aneinander kleben, bekommen die 3D-geformten Produkte eine ausreichend hohe innere Stabilität.

FR4-Platte als Grundplatte eines 3D Druckers
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Diese auf ca. 100 °C vorgeheizte Grundplatte hat bei den Hobby-Druckern in der Vergangenheit für enorme Kopfschmerzen gesorgt. Häufig klebten die Produkte so fest, dass sie nur mit Gewalt von der Heizplatte herunter genommen werden konnten. Dabei wurde entweder das Produkt beschädigt oder die Heizplatte bekam Kratzer. Dickwandige GFK-FR4-Platten waren wegen ihrer hohen Isolierwirkung nicht vorteilhaft. Bei Wandstärken von 1 Millimeter oder mehr war die Oberfläche zur Aufnahme des Produkts nicht mehr heiß genug. Doch die Tüftler sind auf eine geniale wie einfache Lösung gekommen: Das heute übliche Verfahren zur Herstellung einer Grundplatte für den 3D Druck besteht aus einer 2 Millimeter starken Glasplatte, auf der eine 0,2 Millimeter starke FR4-Tafel aufgeklebt wird. Als Klebeschicht genügt doppelseitiges, wärmefestes Klebeband. Mit dieser Lösung erhält der 3D-Drucker alles, was er für erfolgreiches Drucken braucht.

Ballistik mit glasfaserverstärktem Kunststoff

GFK-Plattenhalbzeuge sind besonders hart im Nehmen. Neben ihrer spektakulären Beschussfestigkeit wirkt sich in diesem Punkt vor allem die niedrige Dichte vorteilhaft aus. Eine Rohdichte von knapp 2 kg/dm³ ist nur 1/3 des vormals verwendeten Stahls – bei besseren Eigenschaften in diesem Punkt. Damit ist deren Anwendung nicht nur auf Elektromechanik als Leiterplatten beschränkt. Sie sorgen auch als Inlays in Wände und Türen für besten Insassen- und Güterschutz bei gleichzeitigem Einsparen von Gewicht. Geldtransporter und Personenschutz-Fahrzeuge können mit ihrer Hilfe wesentlich leichter gebaut werden. Das spart nicht nur Kraftstoff. Die gesamte Auslegung des Transporters wird leichter. Geringeres Gewicht bedeutet in dieser Branche nicht nur geringere Kosten. Vor allem wird die Wendigkeit der Fahrzeuge auf diesem Weg deutlich verbessert. Damit sind FR4-Platten aus GFK ein Garant für die aktive Sicherheit.